Nachdem ja Elisabeth den Anfang gemacht hat, möchte ich mich heute mal kurz zu Wort melden und euch meine ersten Eindrücke und Erlebnisse schildern.
Meine Reise begann am 31.12. um 18:00 Uhr in Frankfurt. Nachdem ich gegen 21.00 Uhr in Rom gelandet war, stellte sich mir die Frage, wie ich die folgenden 21 Stunden möglichst sinnvoll und kurzweilig gestalten könnte. Tja, was soll ich sagen? Da zum einen erwartungsgemäß die Gepäckaufbewahrung schon geschlossen hatte (hat sie jemals existiert?) und sich zum anderen die Taxifahrer wohl ihr Silvester nicht verderben lassen wollten und gar nicht erst anfingen zu arbeiten, verbrachte ich fast einen ganzen Tag am Flughafen. Das neue Jahr startete ich in der Wartelounge gemeinsam mit Obdachlosen, Wartenden, Schlafenden und Feiernden. Nun ja, kurzweilig war es nun eher nicht, dafür hatte ich aber genug Zeit, mich in Ruhe auf den Flug nach Buenos Aires zu freuen.
Am 1. Januar um 18:40 Uhr ging es dann endlich los und 15 Stunden später war der ersehnte Moment gekommen: Elisabeth und Gwenn waren morgens um 4 Uhr zum Flughafen gekommen und überschütteten mich mit Liebe und Zärtlichkeiten, Mate-Tee und Fernet Branca. Wir verfolgten den Sonnenaufgang vor dem Flughafen, hörten Musik und konnten unser Glück kaum fassen. Ortszeit: 6 Uhr, Temperatur: 25 Grad. Erdrückende Luftfeuchtigkeit und ein Geruch, nach dem ich mich so gesehnt, den ich fast vergessen hatte.
Danach lange Busfahrt in die Stadt, immer dichter werdender Verkehr, immer mehr Leute, ganz unterschiedliche Stadtviertel. Irgendwie wie eine erste kleine Stadtrundfahrt. Gegen 9 Uhr kamen wir dann schließlich in unserem Hostel im Stadtteil Palermo an, von wo aus ich gerade schreibe. Da wir erst heute Morgen um 6 nach Hause gekommen sind, schläft Elisabeth noch, während ich grade mit Gwenn gefrühstückt habe und der sich (hoffentlich) gerade um unseren Mate kümmert. Die ersten Tage hier sind wie erwartet vor allem durch die Suche nach effektiven Maßnahmen zur Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse geprägt: Fressen, Saufen, Schlafen. Um die Hitze zu ertragen, hilft eigentlich nur eins: eiskalt duschen.
Gestern waren wir in Chinatown im Stadtviertel Belgrano und haben uns dort alle nötigen Zutaten für ein vegetarisches Thai-Curry besorgt. Ansonsten gab es ausnahmslos an jedem Tag Fleisch. Fleisch! Fleisch!!! Ein Gedicht. Ich hatte schon fast vergessen, wie unglaublich gut die das hier können. Unsere Tage beginnen meist zwischen 11 und 13 Uhr. Dann ausführliches Frühstück zusammen mit Janneke aus Amsterdam. Danach erstmal Tee. Dann Siesta oder wahlweise mit dem Bus in die Stadt. Dort dann: Suche nach einem schönen gemütlichen Plätzchen zum Essen, Kaffeetrinken oder Menschenbeobachten. Letzteres ist wahrscheinlich das spannendste und führt mich zu einer Reihe von Feststellungen, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
- Ich mag die Taxifahrer. Nicht nur, dass sie uns relativ preiswert durch die Gegend fahren. Sie sind einfach unglaublich nett. Immer freundlich, immer ein paar liebe Worte.
- Bus und U-Bahn sind meist voll. Atmen fällt schwer, man schwitzt wie ein Schwein (schwitzen Schweine überhaupt? Habe da eigentlich noch nie wirklich drauf geachtet…). Busse halten, wenn überhaupt, nur wenn man mit der Hand winkt und signalisiert, dass man zusteigen möchte. Hat der Busfahrer allerdings gerade keine Lust oder müsste die Spur wechseln, fährt er einfach weiter. Der nächste kommt ja sowieso. Meist ist das auch so. Manchmal aber eben auch nicht. Dann bleibt einem außer Warten wenig übrig.
- Es gibt unglaublich viele schöne Menschen. Zuerst fallen da natürlich die Frauen auf, aber an schönen Männern mangelt es auf keinen Fall. Fragt sich nur, woran das liegt? Die erste Hypothese, dass nämlich alle ArgentinierInnen schön sind, kann eigentlich verworfen werden. Wahrscheinlicher ist da dieses Phänomen, das in allen hippen Großstädten vorzufinden ist: die hübschen, schlanken, vollbusigen, gut gekleideten Menschen zeigen sich, wo und wie sie nur können, während sich der durchschnittliche Porteño vor all der Schönheit, die ihm draußen auf der Straße ins Gesicht geklatscht wird, gar nicht aus dem Haus traut. Nennen wir es mal das Prenzlauer-Berg-Syndrom.
- Von zehn Bankautomaten sind mindestens neun außer Betrieb.
- Die Straßen in den jungen, angesagten Vierteln wie San Telmo und Palermo sind voll mit Street Art und gesäumt mit kleinen Straßencafés, Boutiquen und kleinen Geschäften.
- Vor 21.30 Uhr geht man eigentlich nicht essen. In den guten Restaurants und Parillas (Steakhäusern) wartet man schon mal 45 Minuten, ehe ein Platz frei wird. Abendessen um 23.30 Uhr ist nichts Außergewöhnliches.
- Vor 1.30 Uhr geht man nicht in einen Club. Vor 6 Uhr verlässt man ihn auch nicht.
- Ich habe das erste Mal in meinem Leben einen konkreten Berufswunsch: Polizist in Buenos Aires. Zwar schlecht bezahlt, dafür aber auch nichts, aber auch wirklich gar nichts zu tun außer: Rumstehen, Rauchen, Quatschen und willkürlich Dinge begutachten. Das will ich machen!
Die Liste ließe sich beliebig verlängern, aber so langsam sollte ich mal zum Ende kommen und mir überlegen, was heute noch schönes zu tun ist. Es sind weit über 30 Grad, sodass wir dazu tendieren, uns ein schattiges Plätzchen in einer der unzähligen Büchereien zu suchen. Ich muss mich hier eigentlich sowieso um gar nichts kümmern, da ich in Elisabeth und Gwenn fantastische Stadtführer habe und so in kurzer Zeit extrem viel sehen und erleben kann.
Ausdrücklich erwähnen möchte ich dennoch eine fantastische Trommelgruppe, die wir am vergangenen Montag im Kulturzentrum Konex live erleben durften: La Bomba de Tiempo! Da gibt’s auf Youtube eine Menge Videos, die es Wert sind, angeschaut zu werden.
Morgen um 8 Uhr nehmen wir die Fähre nach Uruguay und werden vermutlich eine Woche dort verbringen. Wir versuchen, von Colonia de Sacramento über Montevideo nach Punta del Diablo zu trampen. Mal schauen, was uns dort erwartet. Da gerade Hochsaison ist, ist es schwer, Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. Außerdem sind die Preise teilweise doppelt so hoch wie in der Nebensaison. Aber wir werden schon was finden, schließlich haben wir ja unser Zelt dabei und sind nicht allzu anspruchsvoll.
Nach diesem super Start und einer grandiosen ersten Woche, die ich vor allen Dingen Elisabeth und Gwenn zu verdanken habe, müssen wir uns jetzt mal für kurze Zeit trennen. Nachdem wir aber gemerkt haben, dass wir nicht aufeinander verzichten können und wollen, werden wir dann spätestens in Patagonien wieder den Franzosen an der Backe haben und die ein oder andere Wanderung zusammen starten.
Uns gehts fantastisch, macht euch keine Sorgen! Fühlt Euch alle gedrückt!
24. Januar 2011 at 11:41
Big Like !!! Bitte auch dann mal Photos, den Punkt mit den schönen MEnschen möcht ich auch nachvollziehen können 🙂
10. Januar 2011 at 13:09
ach ihr glücklichen.…danke!das ihr euch die mühe macht,uns zu erzählen was ihr erlebt.und da hat sich doch jede spanisch-quälerei gelohnt, wenn man witzchen mit den taxifahrern machen kann…gell?
wir denken an euch…liebste grüße und küsse