Herz gegen Hirn: Es wird ernst

Wie soll man einen Blog­ein­trag begin­nen, in dem man auf Ereig­nis­se zurück­blickt, die mitt­ler­wei­le mehr als ein hal­bes Jahr zurück­lie­gen? Wie soll es gelin­gen, über Erfah­run­gen ent­lang des Süd­pa­ta­go­ni­schen Inland­ei­ses zu berich­ten, wo wir uns doch in die­sem Moment auf der ande­ren Sei­te des Äqua­tors, also auf der Nord­halb­ku­gel, befin­den? Wie die unbe­greif­li­chen Dimen­sio­nen der chi­le­ni­schen Glet­scher greif­bar machen, wo unser Leben sich doch aktu­ell in etwa 9.000 Kilo­me­tern Ent­fer­nung unter der erbar­mungs­lo­sen tro­pi­schen Son­ne der kolum­bia­ni­schen Anden­aus­läu­fer zuträgt? Es fie­le mir sehr viel leich­ter, an die­ser Stel­le einen Lob­ge­sang auf die Men­schen des kolum­bia­ni­schen Ama­zo­nas-Gebie­tes anzu­stim­men oder mei­nen Gefüh­len gegen­über den Heer­scha­ren von Mos­ki­tos oder nicht vor­han­de­nen Ven­ti­la­to­ren frei­en Lauf zu las­sen. Kurz: die ver­gan­ge­nen drei Mona­te in Kolum­bi­en Revue pas­sie­ren zu las­sen.

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Aysén: Probier’s mal mit Gemütlichkeit!

Will­kom­men im Land der Kon­tras­te. Wer auch immer sich das hier aus­ge­dacht haben mag, hat­te eine blü­hen­de Fan­ta­sie. Oder war ein­fach nur auf irgend­ei­nem Trip. Aysén, eine der süd­lichs­ten Pro­vin­zen Chi­les, ist das Land der Pio­nie­re. Hier trei­ben die Gau­chos ihr Vieh mit­ten über die Pla­za, hul­di­gen dem Rodeo und ernäh­ren sich über­wie­gend von Lamm­fleisch und Rot­wein.

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Interludium: Im Laufe der Zeit

Gut zwei Mona­te sind nun ver­gan­gen, seit wir San Mar­cos Sier­ras im hei­ßen Nor­den Argen­ti­ni­ens ver­las­sen haben. Wenn wir vor der Rei­se nach unse­ren Plä­nen gefragt wur­den, muss­ten wir immer ant­wor­ten: es gibt kei­ne! Ein­zig auf die Him­mels­rich­tung der ers­ten Rei­se­mo­na­te woll­ten wir uns fest­le­gen: Süden. Wenn wir über­haupt eine Vor­stel­lung von den bevor­ste­hen­den zwölf Mona­ten hat­ten, dann sahen wir uns immer in den ein­sa­men Wei­ten der pata­go­ni­schen Wäl­der und Ber­ge. Wer uns kennt und unse­re vori­gen Rei­sen ver­folgt hat weiß, dass es uns sehr viel bedeu­tet, unab­hän­gig und wei­test­ge­hend aut­ark drau­ßen durch die Gegend zu stap­fen.

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2. Akt: Loslassen

Auf den Tag genau eine kom­plet­te Mond­pha­se lang haben wir in San Mar­cos ver­bracht. Als wir kamen, war kein Mond zu sehen. Und so war es, als wir gin­gen. Von Neu­mond bis Neu­mond, genau ein Monat. Die­se Tat­sa­che ist, wie bis­lang bei­na­he alles auf die­ser Rei­se, rei­ner Zufall. Jedoch einer, der nicht nur wie die Faust aufs Auge zu die­sem Ort passt, son­dern uns auch etwas bedeu­tet. In vie­ler­lei Hin­sicht stand die­ser Monat im Zei­chen des Mon­des. Wir haben sehr viel Zeit damit ver­bracht, den Mond und die Ster­ne zu betrach­ten. Noch nie zuvor hat­ten wir über einen solch lan­gen Zeit­raum hin­weg solch unglaub­lich kla­re Näch­te.

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Spontane Euphorie

Gera­de habe ich mei­ne bis­he­ri­gen Tage­buch­ein­trä­ge aus den ers­ten Tagen in San Mar­cos durch­stö­bert. Ich bin nicht viel zum Schrei­ben gekom­men, aber irgend­wie muss­te ich schmun­zeln, was ich da im bewusst­seins­wer­wei­ter­ten Zustand so wahr­ge­nom­men habe. Eini­ger­ma­ßen zusam­men­hangs­lo­se Asso­zia­ti­ons­ket­ten. Wenn ich aber so drü­ber nach­den­ke, ist das aber doch ziem­lich reprä­sen­ta­tiv für den ver­gan­ge­nen Monat. Ganz per­sön­li­che Gedan­ken­fet­zen, die ich unver­än­dert aus dem Tage­buch ent­nom­men habe und als tei­lens­wert emp­fin­de. Wahr­schein­lich gera­de des­halb, da sie in Momen­ten sehr inten­si­ven Emp­fin­dens ent­stan­den und damit Aus­druck des­sen sind, was die­ser Ort und sei­ne Men­schen so aus­ge­löst haben.

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1. Akt: Ankommen

San Mar­cos Sier­ras, Argen­ti­ni­en. Ankom­men. Das bedeu­tet in ers­ter Linie, sich wohl zu füh­len. Wohl zu füh­len in einem Land, das man nur ober­fläch­lich kennt, unter Leu­ten, deren Leben – zumin­dest geo­gra­fisch – sehr weit von­ein­an­der ent­fernt sind. Und es bedeu­tet, sich und sei­ne Liebs­ten noch bes­ser ken­nen zu ler­nen. Mit dem vor lan­ger Zeit gefass­ten Ent­schluss, gemein­sam auf eine lan­ge Rei­se zu gehen, geht viel Unge­wiss­heit ein­her. Wir haben den uns ver­trau­ten All­tag bewusst auf­ge­ge­ben. Das war nicht ein­fach, aber doch alter­na­tiv­los. Abschied neh­men tut weh. Und auf eine wun­der­sa­me Wei­se auch gut, denn der Abschieds­schmerz ist zugleich Zeug­nis und Aus­druck der Bedeu­tung der Men­schen, die einem nahe ste­hen. Von nun an also suchen wir einen neu­en, einen Rei­se­all­tag. Die letz­ten Tage und Wochen vor Beginn die­ses neu­en Abschnitts waren auf­rei­bend und wir alle haben das Bedürf­nis, uns nun alle Zeit der Welt zu neh­men, zur Ruhe zu kom­men und Zeit mit­ein­an­der zu ver­brin­gen.

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