Gerade habe ich meine bisherigen Tagebucheinträge aus den ersten Tagen in San Marcos durchstöbert. Ich bin nicht viel zum Schreiben gekommen, aber irgendwie musste ich schmunzeln, was ich da im bewusstseinswerweiterten Zustand so wahrgenommen habe. Einigermaßen zusammenhangslose Assoziationsketten. Wenn ich aber so drüber nachdenke, ist das aber doch ziemlich repräsentativ für den vergangenen Monat. Ganz persönliche Gedankenfetzen, die ich unverändert aus dem Tagebuch entnommen habe und als teilenswert empfinde. Wahrscheinlich gerade deshalb, da sie in Momenten sehr intensiven Empfindens entstanden und damit Ausdruck dessen sind, was dieser Ort und seine Menschen so ausgelöst haben.
Die Zeit hier steht im Zeichen der Begegnungen und des Austauschs und zeigt mal wieder, dass das wahre Geschenk einer solchen Reise darin liegt, Menschen treffen zu dürfen, die einen inspirieren. Und die uns zeigen, dass es viele verschiedene Wege gibt, ein und dieselbe Sache zu tun. Es ist ein großes Glück, sich Zeit und Muße nehmen zu können für das, was getan werden muss. Fast alles, was wir hier getan haben, haben wir langsam und bewusst getan. Und wenn wir etwas nicht gleich tun konnten, haben wir es eben verschoben. Kulturelle Assimilation. Getreu dem Motto: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe stets auf übermorgen! Oder eben auf die Zeit nach der Siesta. Zeit, und das ist wahrlich keine neue Erkenntnis, ist der wahre Luxus.
San Marcos Sierras, 04.09.2016
21.35 Uhr
Ambiente ambiente,
Sesiente sesiente,
Cuidar el [medio]ambiente.
Heute Vormittag an einer neuen Jauchegrube gearbeitet. Die andere ist in den Garten übergelaufen. Also erstmal Steine aus dem Flussbett nach oben holen. Danach Fleisch kaufen, Fleisch grillen, Mate, Siesta bis zur Dunkelheit, beisammensitzen, Mate, kiffen, spielen, Bier trinken, kiffen, kochen, mehr trinken, Mate, Kaffee, kiffen, schlafen…
Pehoe schläft, Elisabeth liest. Traumhaft!
Unglaublicher Ort, so eine Friedlichkeit. Selbstverständlichkeit. Offenheit. So viel Liebe. Gutes Essen. Dinge selbst machen! Einfach machen! Sollte ich mir irgendwohin tätowieren. Am besten auf den Handrücken.
Pehoe bestes Kind der Welt. So unglaublich interessiert, selbstbewusst, witzig (!!!), neugierig, lieb. Friseurbesuch wäre nicht schlecht (also für mich).
Hauseigener Tabak aus dem Garten, Papageien hinter dem Zelt.
Bestes Essen ever. Honig, Oliven, selbstgebackenes Brot, Olivenöl, Gemüse, Polenta, Gemüseeintopf auf offenem Feuer, Salami.
Guter Start, habe meine beiden Lieben so unendlich lieb. Genieße den Moment und freue mich auf die Zeit, die kommt.
22.00 Uhr
Fühle mich schon ewig unterwegs, so krass, wie voll die Tage seit Buenos Aires sind. Noch keine zehn Tage unterwegs. Verrückt, diese Reisewelt. Saukalt. Was da noch so kommen mag (so Pachamama will)? Tropen. Alles so weit weg, aber doch so greifbar nah (zeitlich wie räumlich). Auch verrückt, wie ähnlich Menschen sich sein können. Und wie man immer wieder an sie gerät. Gleiche Wellenlängen kreuzen sich, weil sie nicht parallel verlaufen. Physikalisch vielleicht schon. Aber nicht im Kopp.
Edit: Vielleicht physikalisch noch nicht einmal, da bin ich mir grad nicht mehr so sicher. Habe das Gefühl, dass es gerade nicht der beste Moment ist, Zusammenhänge solcher Art näher zu erörtern.
22.12 Uhr
Drinnen erklärt der Sohn seiner Mama ihr Smartphone. Apps löschen. Ganz wichtig.
Der Hund kackt ins Haus. Keine (!!!) Panik. Heiße Asche drauf, den Rest wird die Zeit regeln. Der verlauste Straßenköter (den wir besser nicht anfassen sollen) schmatzt seit einer Stunde auf Martíns Bauch rum und beißt seine Flöhe. Friedlich.
Die Traumfänger im Haus scheinen zu wirken.
22.18 Uhr
Bin ich gerade begründeter- oder unbegründeterweise euphorisch? Tue mich gerade schwer, das objektiv einzuschätzen. Glaube, beides ist zutreffend.
Grade kommt die Info, dass es morgen -3° haben wird. Yoah, eher so mittelgeil.
San Marcos Sierras, 09.09.2016
19.32 Uhr
Grade im letzten Licht des Tages durch den Garten in Richtung Haus gelaufen. Blaue Stunde. Tiefblau der Himmel, die vertrockneten Ähren leuchten goldgelb. Fantastische Kontraste. Vom Haus her das Singen der Kinder und klappernde Teller. Unglaublich kitschig. Aber wunderschön. Wie diese russischen Matroschka-Puppen.
Der perfekte Ort, eine Sekte zu gründen. Muss nur noch entscheiden, was für eine…
19.49 Uhr
Wird wieder einen dieser verrückt klaren Sternenhimmel geben. Die Venus zeigt sich immer als erste. Pastor pflanzt mit Johanna in der Dunkelheit neue Setzlinge. Musik geht mir unglaublich rein, muss mal fragen, was das ist…
Edit: Pasaje Universo
10. Oktober 2016 at 21:44
Nice! Felix! Sehr geil! Leben geht auch ohne Bourbon und ohne Azzam!ich habe noch 3 Pferdenamen parat — falls nötig! Abrazos aus NK
17. Oktober 2016 at 17:12
Das heißt unsere Pferde heißen Henning, Bourbon und Azzam?! Geil! Ich hoffe, euch dreien geht’s gut. Seid gedrückt und bestell doch mal ne Innereien-Platte in Gedenken an White-Russian-Böhle 😉
8. Oktober 2016 at 14:32
Liebe Flugulus!
Eure Reiseberichte lesen sich fantastisch und verführen zum Mitfühlen. Es freut mich natürlich besonders, dass ihr so eine gute Zeit in San Marcos Sierras hattet. So kann’s weitergehen! Wir grüßen euch aus dem frühherbstlichen Singen und wünschen euch weiterhin einen wundervollen, begegnungs- und erkenntnisreichen camino de viaje! Wir denken an euch.
Un abrazo fuerte de Alma y sus padres!
17. Oktober 2016 at 17:07
Junge! Schön, dass dir die Berichte taugen. Wir komnmen hier oft schwer ans Netz, aber bald gibt’s mehr. Für deinen Tipp haste auf jeden Fall nen Kasten gut bei mir. Beste Grüße an deine Mädels!
7. Oktober 2016 at 21:57
Ich liebe deinen Kopf!
17. Oktober 2016 at 17:02
Ich hoffe doch stark für dich, dass das nicht eine deiner üblichen Anspielungen auf meinen Eierkopf ist…
22. Oktober 2016 at 6:05
Nein.. ging eher um den Inhalt. Alles andere wäre zu einfach. Eierkopf.
7. Oktober 2016 at 12:56
Hej ihr Lieblingsmenschen, schön, wunderschön von euch zu lesen und all die tollen bunten Momente in Bilder zu sehen. Die helfen hier gegen das langsam einsetzende Herbstgrau. Wir wünschen euch weiterhin solch tolle Ereignisse, nicht uneigennützig, denn dann können wir auf eurer Seite teilhaben. Und ja, Felix, es ist echt genau das: Zeit. Zeit zu haben ist alles, was das Leben ausmacht. Lasst es euch fein gehen. Sind in Gedanken und im Herzen bei euch. Dicke Umarmung.
Lionel, Sarah, Matilda und Jannis
7. Oktober 2016 at 17:46
Sarah! Wunderschön, von dir zu hören! Wenn die Worte und Fotos etwas in dir auslösen, ist es das größtmögliche Lob, das du uns geben kannst. Danke.
Eine dicke, aber wirklich unglaublich dicke Umarmung in die Heimat und an die ganze Family!
7. Oktober 2016 at 10:05
So ein schöner Eintrag! Es bleibt also (ent)spannend bei euch. Freuen uns auf mehr Text und Fotos.
PS: Johannas Schuhe im ersten Bild sagen eigentlich schon alles <3 <3 <3
7. Oktober 2016 at 17:40
Liebste Lisa, vielen Dank! Wir geben uns größte Mühe, einigermaßen up to date zu bleiben. Die Schuhe sind leider in San Marcos geblieben. Oder glücklicherweise, so als kleines Zeugnis unserer Anwesenheit. Dort warten sie auf das nächste Kind und die nächste spontane Euphorie!
7. Oktober 2016 at 8:26
Ihr Lieblinge, vielen DANK…für die schönen, schönen, stimmungsvollen Bilder, die Beschreibungen, Gedanken…und ja! gründet mal ne Sekte…wer dann Brot bäckt, am liebsten jeden Tag, wisst Ihr ja.. Liebste Grüße und tausendmillionen Küsse..
7. Oktober 2016 at 17:36
Das ist es: ne Sauerteigbrot-Sekte. Würde hier definitiv viele Anhänger finden! Lassen wir uns mal durch den Kopf gehen…