…ist eine ande­re Welt. Ja, das kön­nen wir nach zwei Tagen Sin­ga­pur und drei Tagen hier in Indo­ne­si­en schon sagen! Unser 24-stün­di­ger Abste­cher in den Stadt­staat nahe des Äqua­tors war wirk­lich schön, auch wenn wir die­se Metro­po­le mit sehr gemisch­ten Gefüh­len ver­las­sen haben. Man muss schon sagen, dass es uns teil­wei­se schon etwas per­vers vor­kam: Man fühlt sich wie in einer com­pu­ter­si­mu­lier­ten Lego-Stadt, die den per­fek­ten Staat erzwin­gen zu wol­len scheint. Zumin­dest war es uns nach unse­ren doch so ande­ren Rei­se­zie­len wie Laos und Kam­bo­dscha doch etwas fremd, dass man hier kei­ne Rasen­flä­chen betre­ten, zum Über­que­ren der Stra­ßen nur aus­ge­wie­se­ne Fuß­gän­ger­über­gän­ge benut­zen darf (die im Abstand von etwa 500 Metern fol­gen…) und in den U-Bah­nen auf den Ver­zehr von Spei­sen und Geträn­ken ein Buß­geld von 250 Euro steht. Für die Miss­ach­tung der Nicht­rau­cher-Regel müs­sen gleich 500 Euro­nen geblecht wer­den. Es ist wirk­lich sehr schwer ein­zu­schät­zen, ob die­se Metho­den dem Wohl­be­fin­den des Durch­schnitts­bür­gers die­nen oder eben das Gegen­teil bewir­ken…


Wir kamen dort jeden­falls trotz eini­ger Umstel­lungs­schwie­rig­kei­ten ganz gut zurecht. Nach­dem unse­rer rea­lis­ti­schen Ein­schät­zung zufol­ge nach etwa vier Minu­ten War­te­zeit end­lich das grü­ne Männ­lein auf der Ampel erschien und wir geord­net die Stra­ße über­que­ren konn­ten, fan­den wir ein Hos­tel mit­ten in Litt­le India. Dane­ben das Mus­ta­fa-Cen­ter: 24 Stun­den am Tag, 7 Tage die Woche Kon­sum­ter­ror auf vier Eta­gen über einen gan­zen Block ver­teilt, freie Aus­wahl zwi­schen 20 ver­schie­de­nen Milch­sor­ten und etwa 450 Metern Regalen…entspannend!
Doch all die­se Din­ge wären wohl noch erträg­lich gewe­sen, wäre da nicht unse­re Gast­fa­mi­lie gewe­sen: „Alis Nest“, „Ori­gi­nal Homestay“! War­um eini­ge der vori­gen Gäs­te ihren Auf­ent­halt dort als „ein­zig­ar­ti­ge Erfah­rung“ und „total asia­tisch“ emp­fan­den und einen sol­chen Platz selbst nach mona­te­lan­ger Rei­se­er­fah­rung noch nie vor­fin­den konn­ten, ist uns ein Rät­sel. Ent­we­der sie haben ein­fach außer Groß­städ­ten noch nicht viel von Asi­en gese­hen, oder sie emp­fin­den ekel­haf­te Fami­li­en ein­fach als ange­nehm. Wir jeden­falls fan­den Alis Rotz- und Schleim­ge­räu­sche zum Früh­stück eben­so unan­ge­nehm wie sei­ne klei­ne nacht­ak­ti­ve Oma, eine alte Frau, die nachts um 3 Uhr aus irgend einem Zim­mer geschli­chen kam und damit begann, ihre Wäsche zu waschen und laut­hals durchs Haus zu grö­len um anschlie­ßend irgend­wel­che Geräu­sche von sich zu geben, die nicht zuzu­ord­nen waren.
Nun gut, man ver­sucht ja drü­ber zu ste­hen und tole­rant zu blei­ben. Und außer­dem war es ja nur die eine Nacht. So nutz­ten wir dann doch unse­re kur­ze Zeit gut und beka­men einen guten Ein­druck von der Stadt. Wie gesagt sehr künst­lich, aber ohne Fra­ge sau­ber und extrem sicher. Die Stadt­bau­er haben wirk­lich gan­ze Arbeit geleis­tet, vie­les ist sehr gut durch­dacht, man­ches viel­leicht einen Tick zu gut. Die U-Bahn-Sta­tio­nen sind der Ham­mer, das Thea­ter-Vier­tel am Hafen ein­fach nur unglaub­lich und was hier in zehn Jah­ren los sein wird…unvorstellbar!
Wir haben die gute indi­sche Küche voll aus­ge­kos­tet und die Vor­zü­ge einer nie­mals schla­fen­den Stadt aus­ge­nutzt, auch wenn „mal eben schnell was trin­ken gehen“ bei Prei­sen von sechs Dol­lar pro Bier nicht so rich­tig war, doch wir konn­ten uns ja jeder Zeit Hoff­nung machen, hat­ten wir doch die Gewiss­heit, dass sich weni­ge Stun­den spä­ter wie­der vie­les ändern und — ja – zum guten wen­den wür­de, denn es war­te­te ja unser Flug auf die Insel: Nach Bali!
Drei Stun­den nach unse­rem Abflug aus dem fuß­gän­ger­feind­li­chen Sin­ga­pur über­quer­ten wir den Äqua­tor in der Luft und unser Flug­zeug setz­te pünkt­lich um Mit­ter­nacht sicher in Den­pa­sar auf. Wir sind nun also offi­zi­ell auf der ande­ren Sei­te der Erde ange­kom­men. Per Taxi ging es nach Kuta, dem Zen­trum von Alko­hol­tou­ris­mus und selbst­er­nann­ten Surf-Hel­den. Hier rollt der Rubel, auch wenn wir auf Grund der Bom­ben­an­schlä­ge Ende 2005 und der momen­ta­nen Neben­sai­son von den Hor­den ver­schont blie­ben und so rela­tiv ent­spannt einen Tag lang das „ande­re“ Bali erle­ben konn­ten. Vie­le, sehr vie­le, Geschäf­te, Bou­ti­quen, Pubs, Restaurants…alles sehr stil­voll und teu­er, aber nicht auf­dring­lich. Der Strand ein Bild des Jam­mers: Baden strengs­tens ver­bo­ten, sur­fen erlaubt, ziem­lich mül­lig und nicht gemüt­lich. Trotz­dem lus­tig: Vie­le Men­schen wol­len uns auf ihren Fotos haben, stel­len sich neben uns, geben eine Schul-Umfra­ge vor, um an unse­re Email-Adres­sen zu gelan­gen und die Strand­ver­käu­fer ver­kau­fen nicht etwa Son­nen­bril­len oder Tau­cher­flos­sen, nein: Hier schei­nen Pfeil und Bogen ein ech­ter Ver­kaufs­schla­ger zu sein!?!
Die Taxi­fah­rer bie­ten zurück­hal­tend ihren Dienst an („trans­port?“) und spre­chen uns mit „nice honey­moon coup­le“ an. Nett, oder?
Trotz­dem reicht es uns nach einem Tag, unter­schei­det sich die­ser Ort eigent­lich nicht wirk­lich von jedem ande­ren Sur­fer­st­rand.
So wei­len wir nun seit zwei Tagen eine Stun­de nörd­lich von Kuta. In Ubud. Hier ist zwar auch sehr viel los, aber doch alles auf einen ruhi­ge­ren und ent­spann­te­ren Level. Nach lan­gem Fuß­marsch kamen wir im gelob­ten Land an: Bei Pra­e­ty! Net­te Begrü­ßung mit Tee, Kuchen und Toast. Aber dann, welch Schock: Aus­ge­bucht, voll, kei­ne Chan­ce. Und schlim­mer noch: Pra­e­ty, wo ist Pra­e­ty? Wir haben doch einen alten net­ten Mann erwar­tet, doch er ist doch wohl älter als 40, oder etwa nicht? Des Rät­sels Lösung: Der Mensch, der so lieb ist, ist Patrick und wir müs­sen lei­der im Moment davon aus­ge­hen, dass der gute alte Pra­e­ty viel­leicht schon nicht mehr unter uns weilt. Aber wie sol­len wir auch fra­gen: „Ent­schul­di­gung, aber wo ist Pra­e­ty?“ – „Pra­e­ty? – ach so, der ist lei­der tot!“. Sehr schwie­rig, wol­len wir doch die ande­ren Men­schen nicht in eine unan­ge­neh­me Situa­ti­on brin­gen oder ihren viel­leicht gera­de erst über­wun­de­nen Schmerz wie­der auf­kom­men las­sen. So sind wir nun so ver­blie­ben, dass wir ab mor­gen ein Zim­mer dort haben und so Gott will leben Tot­ge­sag­te ja wirk­lich län­ger.
Doch bei allen Rück­schlä­gen (wir haben es auch ver­passt, uns eine inter­na­tio­na­le Fahr­erlaub­nis aus­stel­len zu las­sen, was hier ein Pro­blem ist!) haben wir doch auch schon sehr gro­ßes Glück gehabt. Der net­te Patrick hat uns ges­tern Abend die nöti­ge Klei­dung gelie­hen, sodass es uns mög­lich war, an einem ganz beson­de­ren reli­giö­sen Ereig­nis teil­zu­neh­men. Am Anfang unse­rer Stra­ße befin­det sich ein gros­ser Hin­du-Tem­pel, der „Palast“. Die­ser Tem­pel an sich ist schon sehr schön anzu­se­hen, aber geschmückt noch viel schö­ner. Uns war es nun ver­gönnt, dass gera­de die­ser Tag das fei­er­li­che Ende einer vier­tä­gi­gen Zere­mo­nie dar­stell­te, die nur zwei Mal im Jahr abge­hal­ten wird. Das heißt: In der gan­zen Stadt sind alle Figu­ren mit Wickel­rö­cken („Sarongs“) ein­ge­klei­det und jeder Zen­ti­me­ter des Tem­pels in tol­len Far­ben geschmückt, alle reli­giö­sen Figu­ren von Schirm­chen über­dacht und die ein­hei­mi­schen Men­schen in den tolls­ten Klei­dern. Über­all riecht es nach Tem­pel­blü­ten, Räu­cher­stäb­chen und Garam (Nel­ken­ziga­ret­ten). Die Frau­en tra­gen rie­si­ge Obst­ge­ste­cke auf ihren Köp­fen zum Tem­pel und tan­zen zur typi­schen Game­lan-Musik, auf einem Podest dane­ben wer­den Gebets­ver­se ver­le­sen. Eine ganz ein­zig­ar­tig beein­dru­cken­de Stim­mung, sehr spi­ri­tu­ell aber doch für uns nicht unan­ge­behm. Wir wur­den sehr will­kom­men auf­ge­nom­men und fühl­ten uns sehr wohl unter der erdrü­cken­den Men­ge von Ein­hei­mi­schen, die, so sagt man uns, an die­sem Tage vor allem für eine gute Ern­te beten. Für uns ein wirk­lich ein­zig­ar­ti­ger Abend und ein in die­ser Form noch nie da gewe­se­nes spi­ri­tu­el­les und inten­si­ves Erleb­nis. Bis nach Mit­ter­nacht schau­ten wir den Tän­zen zu und lausch­ten den Klän­gen der Musik, die uns voll verrein­nahm­te und fast schon hyp­no­ti­sche Wir­kung hat. Ein­fach unver­gess­lich!
Heu­te stat­te­ten wir den Affen im benach­bar­ten Affen­wald einen Besuch ab, woll­ten und konn­ten aber nicht sehr lan­ge blei­ben. Der Gefahr durch­aus bewusst und in der Annah­me, den Pri­ma­ten mit die­ser Maß­nah­me jede Angriffs­chan­ce zu rau­ben, nah­men wir außer einer Fla­sche Was­ser und dem Zim­mer­schlüs­sel nichts mit. Doch selbst die­se schein­bar unin­ter­es­san­ten Gege­stän­de schei­nen die­se undank­ba­ren Affen zum Anlass zu neh­men, mit ihren Zäh­nen zu dro­hen und Felix sein Hemd zu zerfetzen…Affen, dum­me (?) Affen eben.
Wir hof­fen, uns trotz aller Unan­nehm­lich­kei­ten mor­gen ein Motor­rad lei­hen zu kön­nen und wol­len dann mal rich­tig damit begin­nen, die Insel zu erkun­den, Zeit genug haben wir ja noch. Mit dem Wil­len, mor­gen nicht zu ver­schla­fen und in der Hoff­nung, dass es euch allen gut geht, sen­den wir euch vie­le lie­be Grü­ße aus dem bis jetzt noch voll­kom­men tro­cke­nen und drü­ckend hei­ßen Bali!

Wir den­ken an euch!

Eure rei­sen­den Flug­u­lus