Ubud? Da war doch was, oder? Ja genau, da war was. Aber es ist nicht so, wie man etwa vermuten könnte. Nein, wir sind nicht immer noch hier. Nein, wir sind wieder hier. Uns hat es so gut gefallen, dass wir uns entschieden haben, noch eine Nacht hier beim jetzt wohl allen bekannten Praety alias Patrick zu verbringen, um so noch einmal in den Genuss des fantastischen Frühstücks zu kommen! Seit unserem letzten Bericht ist eine relativ lange Zeit vergangen, bedenkt man doch, dass wir hier insgesamt nur 18 Tage Zeit haben und man ohne Probleme doppelt so lange hier verbringen könnte.
Die letzten Tage brachten uns nicht nur die Kultur und den Menschenschlag des ursprünglichen Bali erheblich näher (die Menschen hier sind wirklich mit beneidenswerter Schönheit gesegnet), sondern offenbarten uns wahrhaftig paradiesische Zustände, aber alles nach und nach…
Es hat zunächst einmal ein wenig Zeit und Nerven gekostet, sich an die hiesigen Transport-Verhältnisse zu gewöhnen. Die Insel verfügt über ein nahezu perfektes Straßennetz, alle Wege in bester Verfassung und die Distanzen mehr als überschaubar. In Anbetracht dessen ist es umso verwunderlicher, dass es wirklich ein kleines Kunststück ist, im Rahmen des Budgets vom Fleck zu kommen. Unregelmäßige öffentliche Busse, meist „Bemos“, kleine Minivans mit zwei gegenüberliegenden Sitzreihen, die erst losfahren, wenn sie überfüllt sind und zudem noch alle zehn Meter anhalten, um Menschen einzusammeln oder Körbe voller Tomaten und Kohlköpfe abzuladen. Zu allem Übel ist es fast unmöglich, nach 9 Uhr morgens ein solches Gefährt aufzutreiben, da auch hier die Uhren etwas anders ticken und die Leute hier zwischen sechs und 8 Uhr von A nach B kommen müssen, sprich zum Markt oder eben auf die Felder…
Alternativen gibt es wenige: Überteuerte Shuttle-Busse und private Fahrer (eine Stunde Fahrt kostet zehn Dollar) oder eben Autovermietungen. Da wir uns dies allerdings beim höllischen Linksverkehr hier allerdings nicht zutrauen wollten (erst Recht nicht ohne internationale Fahrerlaubnis), wählten wir zunächst die einfachste aller Möglichkeiten: Wir verließen eben Ubub fürs erste nicht. Warum auch? Gab es hier doch an allen Ecken und Enden interessante und spannende Dinge zu erkunden. DAS kulturelle Zentrum, DER Ort, um die Traditionen des balinesischen Lebens kennenzulernen und aktiv zu erleben. So meinte es das Schicksal einmal wieder gut mit uns und wir bekamen die Chance, einer aufwendigen und unglaublich beeindruckenden Einäscherungs-Zeremonie beizuwohnen. „Unser Praety“ war in die Vorbereitungen der Feierlichkeiten involviert und baute Tag für Tag mit seinen Kollegen auf der Straße die verschiedensten Skulpturen aus Holz und Bambus zusammen. Wir konnten also praktisch von Anfang an alles mitverfolgen. An dem Tag, an dem es nun so weit war, nahm er uns, entsprechend gekleidet, mit sich und gab uns eine hilfreiche und äußerst angenehme Einführung in die nun folgende Prozedur. Nachdem der Leichnam des verstorbenen Reisbauers im Tempel mehrmals gesegnet wurde, wurde er in einen kleinen Haus-Tempel in den Hinterhof seines ehemaligen Wohnhauses gebracht und dort zwischen allen Opfergaben aufgebart. Eine kleine Musikgruppe spielte in regelmäßigen Abständen die traditionelle Gamelan-Musik, während die Priesterin, eine alte Frau im weißen Gewand und prächtigem Schmuck, die Zeremonie leitete und in andächtiger Ruhe wieder und wieder die Frauen zu den Opfergaben aufrief. Dazwischen imer wieder Pausen, in denen Tee und Kaffee ausgegeben wurde. Die ganze Nachbarschaft anwesend. Wir mitten drin, plötzlich große Betriebsamkeit, die Menschen knien nieder und beten, danach Aufbruch! Draußen war mittlerweile die Hölle los, die Straße voll von Menschen, es liegt etwas in der Luft. Dann wieder Musik, diesmal anders. Es ist Musik, die direkt ins Blut geht, das Herz beginnt schneller zu schlagen, Gänsehaut, pure Rhythmik, man möchte am liebsten tanzen, aber da die Einheimischen die Ruhe bewahren, lassen wir dies lieber.
Dann wird der Leichnam aus dem Haus getragen und in einen großen hohen goldenen Holzturm, eine Art Thron, verladen. Zwei kleine lebendige gerupfte Hühner werden außen befestigt, junge Männer besteigen das Gebilde und der Zug kommt ins Rollen. Vorweg eine Art „Elefanten-Fisch“ in den Farben gelb und rot, dahinter der Thron, beide Skulpturen sind auf riesigen Bambus-Podesten befestigt und werden von dutzenden Männern getragen. Zum Rhythmus der Musik geht es los, nach rechts, nach links, die Menschenmasse folgt und die Szenerie gleicht eher dem brasilianischen Karneval als einer Bestattung, Volksfeststimmung, absolutbeeindruckend!
Es geht zum Friedhof am Ende der Straße, eine Rasenfläche, die tagsüber als Volleyball-Spielfeld dient, am Rande einige Erdlöcher, offensichtlich Gräber. Dann geht es schnell. Ein Priester beschwört erneut die guten Geister, der Sarg wird dem Thron entnommen und in den „Elefanten-Fisch“ verladen. Ein letztes Mal die Prozedur (Räucherstäbchen, Tempelblumen, Weihwasser) und dann werden die uralten Flammenwerfer herbeigeholt. Eine Kokospalme dient als Feuerholz und innerhalb weniger Augenblicke brennt der „Sarg“ mitsamt beigelegter persönlicher Gegenstände des Verstorbenen.
Nun gut, kleine Fehlerchen kommen bei solch traditionellen und dementsprechend altmodischenVerbrennungen eben auch einmal vor und uns bleibt der Anblick zweier verkohlter Beine und zwei Bestattern, die hektisch versuchen, die Gliedmaßen über den mittlerweile nicht mehr funktionstüchtigen Flammenwerfer zu halten, nicht erspart. Nun gut, geklappt hat es offensichtlich trotzdem, auch wenn der gute alte Mann etwas ungleichmäßig zu dem wurde, aus dem er einstmals hervorging: Zu Asche und Staub. Bis tief in die Nacht erweisen die engsten Angehörigen ihrem geliebten Menschen die letzte Ehre und tun ihr bestes, dass dieser als Mensch und nicht etwa als Lurch oder Seepferdchen wiedergeboren wird.
Wir jedenfalls sind vollkomen beeindruckt von dieser doch so anderen Art und Weise, mit dem Tod umzugehen und sind froh, ein solches Großereignis einmal miterlebt zu haben.
Den folgenden Tag konnten wir uns dann dazu durchringen, einen kleinen Automatik-Motorroller zu leihen, um einmal etwas herumzukommen. So führte uns unsere Reise zu Goah Lawah, einer großen stinkenden Fledermaushöhle, die neben unzähligen kleinen Vampiren (es müssen Milliarden gewesen sein), die einen Höllenlärm machten, mindestens ebenso viele Schaben beherbergt…uns jedenfalls genügte der Anblick von außen, aber ohne Frage toll!
Danach ein kleiner Abstecher zu einem der zahlreichen schwarzen (!) Sandstrände mit freier Sicht auf die Nachbarinsel Lombok.
Nächstes Ziel: Padangbai. Von hieraus gehen die Fähren auf die anderen östlich gelegenen Inseln, Zeit, etwas zu essen.
Und dann passierte es doch, fast nicht mehr für möglich gehalten: Der nette Polizist von neben an, dein Freund und Helfer, betrat die Bühne. Internationale Fahrerlaubnis: Nicht vorhanden. Also: Eigentlich Problem. Eigentlich. „What’s your name?“ – „Oh, Elisabeth“ – „Honeymoon?“ – „Fielip, how much do you give me?“. Es wird gewitzelt, er wolle uns helfen und uns lediglich Informationen geben. Gegenleistung: Fünf Dollar. Guter Deal. Kein Wort, man wolle sich doch beidseitig Probleme ersparen. Der Führerschein kein Thema mehr. Er freute sich für uns und unsere schöne lange Reise und wünschte sich ein Wiedersehen wenn wir dann wirklich verheiratet sind. Netter Mann. Prädikat: Saucool! Gutes Geschäft für beide Seiten, man könnte sich glatt an die Vorzüge der Korruption gewöhnen, die hier Gang und Gebe ist: In regelmäßigen Abständen folgen „Polizeikontrollen“. Ein Haufen von sieben bis zehn total gelangweilten Ordnungshütern, Festpreis 10000 Rupiah, umgerechnet ein Euro. Die Papiere werden lediglich von Außen betrachtet, sollen ja schließlich schön aussehen. Was darinsteht ist zweitrangig.
Nun gut, zurück in Ubud genossen wir noch zwei Tage lang das reichhaltige Angebot an Musik- und Tanzveranstaltungen, genossen den Blick auf die Reisterrassen in der Umgebung und die gewohnt genügsame und ruhige Lebensart der Menschen hier. Viele Handwerker und Künstler. Entspannend!
Nach sechs Tagen war dann aber doch mal wieder Zeit für einen Tapetenwechsel und wir bissen in den – naja – süß-sauren Apfel und investierten etwas Geld in die Reise zu den Vulkanen im Landesinneren. Eine Nacht bei Gunung Batur, einem aktiven Vulkan, der von einem schönen See umgeben ist. Kleine Wanderung durch die endlosen Weiten der erkalteten Lava-Massen. Schöne Natur, Landluft, viele Kühe, große Landwirtschaft und kühle Temperaturen. Alles vor der Kulisse der mit über 3000 Metern höchsten Erhebung der Insel, Gunung Agung. Von Besteigungen sahen wir ab. Zum ersten zu teuer, zum zweiten aufdringliche aggressive Guides und zum dritten bewölkter Himmel. Also entschieden wir uns, mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter in den Norden zu ziehen. Genauer gesagt ans Meer nach Lovina. Unterkunft direkt am Ozean etwas außerhalb des Touristenzentrums. Hier dann wieder stechende Hitze, am Nachmittag ein einstündiger Wolkenbruch, der den Garten des Guesthouses wegzuspülen drohte. Wasser marsch! Weltuntergangsatmosphäre, danach wieder blauer Himmel und Sonnenschein. Am Abend dann Spaziergang ins Zentrum. Klein, gemütlich, natürlich sehr touristisch, aber sympathisch!
Wir genossen den schönen Sonnenuntergang, wobei unsere traute Zweisamkeit durch einen Mann namens Putu gestört wurde. Zunächst als lästiger „Schwätzer“ (von denen es hier eine Menge gibt) abgestempelt, weckte der gute Mann letztendlich dann doch unser Interesse und wurde für den Vormittag des folgenden Tages unser Gastgeber.
Ein Kochkurs, mal was anderes! Um 8 Uhr morgens startete dann unser Ausflug in die kulinarischen Genusswelten der balinesischen Küche mit dem gemeinsamen Einkauf auf dem Markt, anschließend ging es zu Putus Häuschen und seiner Frau und den drei Kindern. Sowohl Name als auch Geschmack der meisten Gewürze vollkommen unbekannt. Unser Chefkoch erklärte uns Herkunft und Verwendung und wir zauberten mit Hilfe von Wok, Grill, Mörsern (alles wird zunächst zu Brei zermahlen!) und der tüchtigen Ehefrau, die alle Zutaten für uns vorbereitete, innerhalb von drei Stunden ein Essen, das wir uns vorher nicht hätten erträumen lassen: Thunfisch im Bananenblatt, Fischsuppe, Soja-Tofu und ein Bohnensalat mit Chili und Kokosnuss! Herrlich!
Es wäre toll, wenn ihr entweder eine Bananenstaude pflanzen könntet oder sich jemand bereiterklären würde, ein Bananenblatt aus dem Pflanzenschauhaus im Luisenpark zu entwenden. Es wäre uns nämlich eine große Freude, euch dieses Geschmackserlebnis nicht vorenthalten zu müssen!
Mit gefüllten Bäuchen lautete der Plan für den verbleibenden Tag: Urlaub. Auch das muss man sich einmal gönnen und so ging es ab in die Sonne. Logische Konsequenz (zumindest für eine unbelehrbare große Person) lautete natürlich Sonnenbrand. Höllischer Sonnenbrand. Brust, Beine und Schenkelinnenseiten. Juhu!
Nach zwei Tagen Lovina flüchteten wir also, zu einer Hälfte krebsrot, in die Berge und kamen gestern in Bedugul an, einem Ort mit tollem Blumen-, Obst- und Gemüsemarkt, welcher wunderschön an einem See, Danau Bratan, liegt und ein Ausgangspunkt für Reisen in den Nordwesten von Bali darstellt. Im dem Wissen, dass uns nur noch wenige Tage hier blieben, konnten wir dann auch relativ ruhigen Gewissens – für unsere und vor allem asiatische Verhältnisse — mal richtig tief in die Tasche greifen und entschlossen uns dazu, am heutigen Sonntag einen Guide (Suriyadi) zu engagieren, um die Umgebung näher kennenzulernen. Und was dann folgte, war wirklich jaden Cent der ungefähr 40 Dollar Wert: Kleine Wanderung zum Zwillings-Wasserfall bei Gitgit, 8 Uhr morgens, sauberes Wasser, kein Mensch unterwegs, etwas Tarzan spielen. Auf dem Weg dorthin schon eine ganze Menge scheinbar unscheinbarer Pflanzen, die uns später noch ausführlichst erklärt wurden. Über einige schöne Aussichtspunkte, die die Lage der Orte zwischen den (fast) türkisfarbenen Seen unterhalb der Berge offenbarten, führte uns unserer Weg nach Munduk, die Gewürz-, und Obst-Hauptstadt Balis. Etwa eine Stunde Wanderung durch den Wald, scheinbar ganz normalen Wald. Dachten wir. Aber was sich uns dann zeigte, war wirklich unfassbar. Auf engstem Raum die verschiedensten Plflanzenarten: Nelken- und Muskatbäume, darunter Kaffee (Arabica und Robusta) und Kakao (rot, gelb, braun, in allen Größen), dazwischen Papaya, Jackfruit, Durian, Zitronengraß, Curry, Tamarind, Maracuja, Limetten, Orangen, Avocado (ja, die wachsen auf großen Bäumen), Süßkartoffeln, Erdbeeren, Macadamia, Mangostine, Vanille, zwischendurch am Himmel ein riesiger Adler, der selbst für unseren Führer ein seltener Gast ist, Orchideen in allen Variationen, eine „Schlangenhaut-Frucht“, ein abgefahrenes grünes Insekt, dann wieder Ananas, Bananen und schließlich ein seltener „Seifenbaum“, dessen Frucht tatsächlich ein antiseptisches schäumendes Extrakt absondert, mit dem wir uns an einem grossen Wasserfall die Hände waschen konnten. Ja, wir fühlten uns wie im Paradies. Ein Tag, der uns einfach nur vollkommen erfüllt!
Nach einem ausgiebigen Einkauf der ganzen neu entdeckten Früchte haben wir uns nun wieder im wohl vertrauten Ubud bei Praety eingenistet und laufen nun mit offeneren Augen durch die Wälder dieser Welt (auch wenn wir im Schwarzwald sicherlich vergeblich nach Chili-Sträuchern Ausschau halten werden).
Fünf Tage bleiben uns nun also noch, um uns von diesem tollen Fleck Erde und von ganz Asien (wenn auch nur vorübergehend, soviel ist sicher) zu verabschieden.
Nun, lieber Franz, wir haben uns für dich ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk überlegt: Es hat uns sehr viel Mühe gekostet, aber es ist uns dann doch denke ich gelungen, dir den Weltmeisterschafts-Sieg der deutschen Handballer zu schenken!
Wir wünschen euch allen einen spannenden Abend und eine lange Nacht, wir werden vor Neid erblasst die Nacht vor dem Liveticker verfolgen…
Wir drücken unsere und eure Daumen, bis dann
Elisabeth und Felix
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