Seid alle lieb gegrüßt!
Heu­te ist ein beson­de­rer Tag. Zum einen befin­den wir uns mitt­ler­wei­le in Aus­tra­li­en, genau­er gesagt in Syd­ney, ande­rer­seits wer­den wir schon in weni­gen Stun­den in Neu­see­land sein, genau­er gesagt in Wel­ling­ton, noch genau­er: bei Eva Maria! Es ist schon sehr merk­wür­dig: Drei Mona­te sind mitt­ler­wei­le ver­gan­gen und wir sehen uns mit der Tat­sa­che kon­fron­tiert, von nun an nicht mehr in Süd­ost­asi­en zu rei­sen. Es fällt uns sehr schwer, das Gefühl zu beschrei­ben, sich von die­sen tol­len Län­dern und Men­schen ver­ab­schie­den zu müs­sen. Es war eine schö­ne Zeit und wir freu­en uns sehr auf die nächs­ten gro­ßen Etap­pen Neu­see­land und Süd­ame­ri­ka, doch es ist ein wahr­haf­tig ein­schnei­den­des Ereig­nis.

Einer­seits ist es toll, dass wir die Mög­lich­keit haben, noch vie­le ande­re Men­schen in völ­lig ver­schie­de­nen Tei­len die­ser Welt ken­nen zu ler­nen, ande­rer­seits sind uns vie­le Men­schen ans Herz gewach­sen und es kos­tet eini­ge Über­win­dung, die­se Erfah­run­gen und Erleb­nis­se als „Teil des Gan­zen“ hin­zu­neh­men. Es war eine ganz beson­de­re Zeit, die wahr­schein­lich mehr in uns ver­än­dert hat, als wir es zum jet­zi­gen Zeit­punkt ver­mu­ten kön­nen und sofern das Glück auf unse­rer Sei­te ist, wer­den wir mit Sicher­heit eines Tages wie­der zurück­keh­ren!
Unse­re let­zen Tage auf Bali haben uns einer­seits in die­sem Vor­ha­ben mehr als bestärkt, uns ande­rer­seits aber den Abschied nicht gera­de leicht gemacht. Im tol­len Ubud haben wir nach klei­ner pri­va­ter Hand­ball-WM-Fete (wir konn­ten doch noch ein Bier­chen auf­trei­ben!) noch einen wei­te­ren Tag ver­bracht und uns einen Fah­rer zur nahe­ge­le­ge­nen Gunung Kawi beschafft, einem Tem­pel, der zu bei­den Sei­ten in einen rie­si­gen Fels geschla­gen ist dadurch durch­aus zu beein­dru­cken weiß, auch wenn wir doch des öfte­ren fest­stel­len muss­ten, dass unser Auf­ent­halt in Ang­kor unse­rer Emp­fäng­lich­keit für neue Tem­pel nicht gera­de dien­te. Ein letz­ter Abend bei Pra­e­ty, ein letz­tes Mal tol­le Game­lan-Musik, die uns wäh­rend des Essens beglei­te­te und uns anschlie­ßend fast ins Bett schwe­ben ließ.
Am nächs­ten Mor­gen mach­ten wir uns in aller Frü­he auf, um unse­re letz­ten Tage inmit­ten einer tol­len Umge­bung zu ver­brin­gen. Die Rei­se führ­te uns noch ein wei­te­res mal in den Osten der Insel an den Ran­de des höchs­ten Ber­ges Gunung Agung, nach Tir­ta Gang­ga, das „Dorf unter dem Vul­kan“. Hier fühl­ten wir uns von Anfang an sehr wohl. Schö­ne Unter­kunft, gutes Essen, net­te Men­schen, kei­ne Tou­ris­ten und eine film­rei­fe Kulis­se: Die größ­ten und schöns­ten Reis­terras­sen Balis, flan­kiert von Vul­ka­nen und einen Kat­zen­sprung ent­fernt von den Wei­ten des Oze­ans, des­sen schein­ba­re Unend­lich­keit nur durch die Nach­bar­in­seln unter­bro­chen wird. Unse­re groß­zü­gi­ge Unter­kunft ver­lei­te­te natür­lich zur tota­len Ent­span­nung, trotz­dem konn­ten wir und dann schließ­lich doch dazu moti­vie­ren, einen aus­gie­bi­gen Spa­zier­gang (man könn­te fast schon von einer Wan­de­rung spre­chen) in die traum­haf­te Umge­bung des Dörf­chens zu wagen. Mit­ten durch die Reis­fel­der, zu den klei­nen Dör­fern Tanah Len­gis und Aba­bi, wel­che ein letz­tes mal das ursprüng­li­che und „wirk­li­che“ Asi­en offen­ba­ren soll­ten. Die Orte gehen flie­ßend inein­an­der über und lie­gen auf einem Hügel, wel­cher einen wun­der­ba­ren Blick her­un­ter auf Tir­ta Gang­ga und die saf­tig grü­ne Umge­bung ermög­licht. Fast schon unwirk­lich künst­lich erstrahlt prak­tisch die kom­plet­te Insel in tiefs­tem grün. Para­die­sisch wäre wahr­schein­lich noch die am ehes­ten zutref­fen­de Bezeich­nung. Die Men­schen sit­zen vor ihren Häu­sern, sind alle irgend­wie beschäf­tigt und geben ger­ne Aus­kunft. Es herrscht eine ent­span­nen­de Ruhe. Wie es in einem Dorf, das mehr Tie­re als Men­schen beher­bergt, eben so ist. Dass wir genau in die­sem Dörf­chen auch unse­ren Abend ver­brin­gen soll­ten, konn­ten wir zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ahnen.

Nach­dem wir wie­der zurück­ge­kom­men waren, setz­ten wir uns wie immer in einen klei­nen Imbiss, der unse­rem Hos­tel ange­glie­dert war und direkt an die „Haupt­stra­ße“ des Ortes grenz­te, um uns zu stär­ken. An die­sem Nach­mit­tag kam Budi, der in dem klei­nen Restau­rant arbei­te­te, auf uns zu und frag­te uns, ob wir ger­ne Musik hören wür­den. Klar, dach­ten wir uns! Und so kam es, dass uns Budi und sein Kum­pel am Abnend mit ihren Mofas abhol­ten und hoch in das Dorf fuh­ren, zu dem wir am Nach­mit­tag unse­ren Aus­flug gemacht hat­ten. Es stell­te sich her­aus, dass eine Holz­hüt­te des Groß­va­ters eines der Band­mit­glie­der ein schall­dich­tes klei­nes Hin­ter­zim­mer besaß, in dem Budi und sei­ne vier Freun­de ihre Band­pro­ben ver­an­stal­te­ten. Und so kam es, dass wir in den Genuss kamen, den Jungs beim musi­zie­ren zuzu­schau­en. Ein Schlag­zeug, zwei E-Gitar­ren, ein E-Bass und ein Mikro­fon, dazu Songs von Nir­va­na, The Who und eini­ge Eigen­kom­po­si­tio­nen. Wohl so eine Art Gene­ral­pro­be vor dem wich­ti­gem Auf­tritt der Band eini­ge Tage spä­ter im ein­zi­gen Gefäng­nis Balis, in Ubud. Anschlie­ßend gestatlte­te sich die Suche nach einem küh­len Bier­chen zwar schwie­ri­ger, als zunächst ange­nom­men, doch nach kur­zer Suche stan­den wir im Haus eines Nach­barn, der uns mit einer Kis­te „Bin­tang“ aus­hel­fen konn­te. So konn­ten auch wir mit die­ser Spen­de unse­re Dank­bar­keit aus­drü­cken. All­zu oft kämen sie nicht in den Genuss von Bier, da es für sie schlicht­weg zu teu­er ist. Umge­rech­net 1,40 Dol­lar für 0,75 Liter Gers­ten­saft sind für die Jugend­li­chen hier eine stol­ze Sum­me. So nahm der Abend ein feucht-fröh­li­ches Ende und wir wer­den die­ses Erleb­nis mit Sicher­heit so schnell nicht ver­ges­sen.

Dass wir an unse­rem vor­letz­ten Tag das zwei­fel­haf­te Glück hat­ten, in dem Dorf „Ten­gan­an“, etwas außer­halb von Tir­ta Gang­ga, einem Hah­nen­kampf fol­gen zu dür­fen, run­de­te unse­re Zeit hier per­fekt ab. Im Ende die­ses Dor­fes gab es einen gro­ßen Ver­samm­lungs­platz und eine über­dach­te „Are­na“, die eini­gen hun­dert Men­schen Platz bot. Vor der Hal­le eine Viel­zahl von Tischen, an denen ein reich­hal­ti­ges Ange­bot an Spei­sen ange­bo­ten wur­de, dane­ben eine gro­ße Büf­fel­her­de, die unter einem gro­ßen Baum den Schat­ten aus­nutz­te, um sich vor der ste­chen­den Hit­ze zu schüt­zen. Dann plötz­lich gro­ße Auf­re­gung, stei­gen­der Lärm­pe­gel. In einer Ecke der Are­na bil­det sich eine gro­ße Men­schen­trau­be, jeder der Män­ner mit einem dicken Bün­del Geld in der Hand. Wie wir erfah­ren, fin­det gera­de ein Tem­pel-Fest statt. In die­ser Woche dür­fen also die Män­ner das nor­ma­ler­wei­se staat­lich ver­bo­te­ne Glücks­spiel zu Ehren der Göt­ter aus­üben, wor­auf sie sicht­lich ein gan­zes Jahr gewar­tet haben. Man sagt uns, es gebe Leu­te, die ihr gesam­tes Erspar­tes hier inner­halb weni­ger Tage ver­spiel­ten. Für die bedeu­ten­den Kämp­fe am Ende des Tages ist dann nicht nur die Are­na kom­plett besetzt. Nun gehen die Ein­sät­ze hoch bis zu 150 Dol­lar pro Per­son! Die Men­schen sind auf­ge­bracht, als die Kampf­häh­ne zur Schau gestellt wer­den. Sie schrei­en die Far­be ihres Favo­ri­ten – es gibt Grün und Rot – und mit jeder Atta­cke der Häh­ne geht ein lau­tes Rau­nen durch die Men­schen­men­ge. Die Tie­re wer­den vor­her gewo­gen – wie beim Boxen sol­len schließ­lich nur Vögel des glei­chen „Kali­bers“ gegen­ein­an­der antre­ten. Vor dem Kampf ent­schei­den die Besit­zer der Tie­re dar­über, mit wel­cher Stra­te­gie sie vor­ge­hen wol­len. Sie haben die Wahl zwi­schen zwei klei­nen klin­gen an jeden Bein oder einem lan­gen Dolch an einem Bein des Hahns. Dann wer­den die Vögel „scharf“ gemacht, indem ihnen an ihrem Kamm gezo­gen wird, dann geht es los. Meist dau­ern die Kämp­fe unter einer Minu­te. Der ers­te Tref­fer ist töd­lich. Dau­ert ein Kampf doch ein­mal län­ger, so wer­den die Tie­re unter einen klei­nen Korb gesetzt, wo sie sich auf engs­tem Raum duel­lie­ren. Ein „Cock­fight“ ist dann been­det, wenn eines der bei­den Tie­re gestor­ben ist. Noch direkt im „Ring“ wer­den die Unter­le­ge­nen Tie­re aus­ge­nom­men. Fri­scher kann man Geflü­gel wohl nir­gend­wo bekom­men – wenn auch mit einem guten Schuss Adre­na­lin im Blut. Ein grau­sa­mes Hob­by, doch auch wir kön­nen nicht weg­se­hen. Es ist Teil der Kul­tur und wir sind über­aus glück­lich, die­sem sel­te­nen Ereig­nis bei­ge­wohnt haben zu dür­fen.

Mit die­sen Ein­drü­cken ende­te unse­re wun­der­ba­re Zeit in Indo­ne­si­en und damit auch in Asi­en. Ein biss­chen Weh­mut spielt natür­lich mit, hat­ten wir doch eine fan­tas­ti­sche Zeit mit tol­len Men­schen in beein­dru­cken­den Län­dern hin­ter uns, doch in ers­ter Linie beherrscht nun die Vor­freu­de auf das Wie­der­se­hen mit Eva Maria unse­re Gedan­ken!

Ein letz­ter Gruß aus Bali!

Eure Flug­u­lus