Gestärkt durch die Wanderung und motiviert durch durch die Tatsache, dass sich so schnell wahrscheinlich nicht wieder die Chance auftun würde, einen Sechstausender relativ problemlos besteigen zu können, beschloss Felix, sich nach einer Möglichkeit umzusehen, den Vulkan Chachani zu besteigen. So verbrachte Elisabeth drei Tage in Arequipa und belegte einen Sprachkurs, während Felix von der auf 2.335 Metern Höhe gelegenen Stadt etwa 3.700 Höhenmeter vom Gipfel des 6.057 Meter hohen Berges trennten.
Der erste Tag sollte zunächst einmal der Akklimatisierung dienen. Lediglich zwei Stunden dauerte es, bis wir unser Gepäck in das Basislager auf 5200 Metern getragen hatten. Dort oben wehte im wahrsten Sinne des Wortes ein anderer Wind: Bei schönstem Sonnenschein waren die Temperaturen erträglich, doch als sich die letzten Sonnenstrahlen verzogen hatten, bekamen wir schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf den nächsten Tag. Eisiger Wind, der dafür sorgte, dass wir uns schon gegen 17 Uhr in unsere Zelte verkriechen mussten. Lediglich eine warme Suppe und eine Portion Nudeln dienten als Abendessen. In der folgenden Nacht war an schlafen gar nicht zu denken. Zum einen peitschte der Wind immer stärker an die Zeltwände, zum anderen ist die Luft auf dieser Höhe einfach zu dünn, man kann seine Atemfrequenz einfach nicht ruhig kontrollieren. Immer wieder hat man das Gefühl, tief durchatmen zu müssen, was eine geruhsame Nacht unmöglich macht. Um zwei Uhr morgens dann machten wir uns auf den Weg in Richtung Gipfel. Ausgestattet mit einer Eisaxt, einer Stirnlampe und Steigeisen führt der Weg zunächst einmal über ein langgezogenes Geröllfeld, bis nach etwa 1,5 Stunden ein Scheitelpunkt erreicht wird und der Weg über ein langes Eisfeld weiterführt. An diesem Punkt bietet der Berg kaum Schutz vor dem eisigen Wind, welcher die tatsächlichen – 10° C zu gefühlten – 20°C macht. Finger und Füße sind mittlerweile taub, doch der Eintritt der Dämmerung nährt die Hoffnung auf die sehnlich erwarteten ersten Sonnenstrahlen. Immer wieder wechseln sich Eispassagen mit Geröllfeldern ab, was einen ständigen Wechsel des Schuhwerks erforderlich macht. Doch tatsächlich verbessert sich die allgemeine Stimmungslage mit dem Sonnenaufgang. Die Temperaturen werden erträglich, das Panorama jetzt schon fantastisch. Als dann nach sieben Stunden der Gipfel tatsächlich erreicht ist, wissen wir, warum wir uns solch eine Anstrengung antun: Der Himmel wolkenlos, die umliegenden Gipfel, alle an die 6000 Meter hoch, wirken wie kleine Hügel, die Stadt wie eine kleine Lego-Stadt. Ein unbeschreibliches Gefühl der Freude und des Stolzes, aber auch der Kälte: Nach wenigen Minuten müssen wir uns auf den Rückweg machen, es ist einfach zu kalt und auf dieser Höhe wird dann auch das Atmen zur wirklichen Herausforderung. Also noch einmal weitere vier Stunden zurück zum Basislager. Nun zeigte sich auch der Teil der Strecke, den wir schon am Morgen in Dunkelheit zurückgelegt hatte. Allerdings fällt es zu diesem Zeitpunkt doch schwer, die Aufmerksamkeit auf die fantastische Umgebung zu richten, zu sehr bestimmt der Gedanke an eine warme Mahlzeit und einen heißen Mate-Tee die Gedanken, zu ausgetrocknet ist der Körper (bei dieser Höhe und Anstrengung verspürt man keinen Durst, was dazu führt, dass kaum etwas getrunken wird).
Doch auch dieser Teil der Strecke konnte gemeistert werden und nach einem zwölfstündigen Marsch konnte Felix auf seinen ersten erfolgreich bestiegenen Sechstausender zurückblicken, auch wenn das Attribut „einfach“ sicherlich mit Vorsicht betrachtet werden muss. Im Vergleich zu anderen Bergen vergleichbarer Höhe mag die Besteigung relativ problemlos sein, doch für einen Amateur zeigt sich schon an diesem Berg, wie viel dazu gehört, in solchen Höhenlagen einen solchen Leistungssport zu betreiben.
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