Heu­te mel­den wir uns aus dem süd­lichs­ten Zip­fel des Lan­des, aus Si Phan Don. Über­setzt: Vier­tau­send Inseln. Da man hier jedoch auch eine klei­ne Sand­bank als Insel bezeich­net, benö­tigt man zum einen einen nied­ri­gen Pegel­stand, also Tro­cken­zeit, und zum ande­ren viel Phan­ta­sie, um auf die­se Zahl zu kom­men. Wie auch immer: Es ist hier auf Don Khong, der Haupt­in­sel, sehr schön und vor allem sehr ruhig. Tags­über wol­len wir wegen der Hit­ze nichts tun und abends kön­nen wir nichts tun, da hier ab 21 Uhr tote Hose ist. So schla­fen wir sehr viel — wenn wir nicht gera­de essen und den wun­der­schö­nen Blick her­ab von einer der vie­len schö­nen Restau­rant­ter­ras­sen über den majes­tä­ti­schen, mys­ti­schen und uns jetzt schon so lan­ge Zeit beglei­ten­den Mekong genie­ßen, der an die­ser Stel­le sehr breit ist und durch unzäh­lig vie­le klei­ne Stein­for­ma­tio­nen und grü­ne aus Büschen bestehen­den Inseln durch­zo­gen ist, dazwi­schen vie­le Fischer, die auf ihren schma­len Kanus ste­hen und ihre Net­ze aus­wer­fen, in der Hoff­nung, einen vom Aus­ster­ben bedroh­ten bis zu drei Meter lan­gen und 300 Kilo­gramm schwe­ren „Giant Cat­fish“ zu erbeu­ten.

Heu­te Mor­gen haben drei Büf­fel den Blu­men­be­stand im Gar­ten unse­res Teak­haus-Hos­tels durch­aus emp­find­lich redu­ziert und uns beim Früh­stück gut unter­hal­ten; am Abend sor­gen tau­sen­de Vögel in der benach­bar­ten Tem­pel­an­la­ge für ohren­be­täu­ben­den Lärm. So lässt es sich gut leben und die Hoff­nung auf ein ruhi­ges son­ni­ges Weih­nach­ten unter Pal­men scheint sich hier zu erfül­len.
Doch es ging bei uns in den letz­ten Tagen bei wei­tem nicht immer so ruhig zu wie jetzt.
Unse­re Zeit in Pak­se war sehr schön und inter­es­sant, auch wenn uns die Stadt an sich bei wei­tem nicht so gut gefiel wie Savann­ak­het. Pak­se hat zwar den schö­ne­ren und exo­ti­sche­ren Markt, aber die medi­ter­ra­ne Atmo­sphä­re und der Charme ver­gan­ge­ner Kolo­ni­al­zei­ten beein­druck­te uns in „Savan“ nach­hal­tig. Dort gibt es noch vie­le Häu­ser im fran­zö­si­schen Stil — wenn auch in schlech­tem Zustand — und das Zen­trum der Stadt bil­det ein gro­ßer Platz, beleuch­tet von alten Stra­ßen­la­ter­nen, umringt von eben jenen mitt­ler­wei­le ver­gilb­ten oder vom Sand röt­lich gefärb­ten Kolo­ni­al­häu­sern; am Ende des Plat­zes eine hell­wei­ße katho­li­sche Kir­che. Über die gan­ze Fluss­pro­me­na­de zie­hen sich unzäh­li­ge klei­ne „food stalls“, an der Ecke ein klei­nes fran­zö­sisch-lao­ti­sches Restau­rant, von dem aus man den wie ein Meer wir­ken­den Mekong beob­ach­ten kann. Eine wirk­lich ange­neh­me Stim­mung, all die­se Din­ge kann Pak­se auf­grund des flä­chen­de­ckend dich­ten und extrem hoch fre­quen­tier­ten Bom­bar­de­ments wäh­rend des Indo­chi­na-Krie­ges nicht bie­ten. Nach­dem wir also die umso schö­ne­re Umge­bung erkun­det hat­ten, mach­ten wir uns am Diens­tag­mor­gen auf den Weg nach Cham­pasak. Nach zwei Stun­den Boots­fahrt über — na klar — den Mekong erreich­ten wir die­sen Ort, der eigent­lich nur aus einer lan­gen Haupt­stra­ße besteht. Und auch hier mach­ten wir eine Men­ge neu­er Erfah­run­gen und Ent­de­ckun­gen, die uns „unterm Strich“ zwei span­nen­de Tage und zwei auf­re­gen­de schlaf­lo­se Näch­te bescher­ten: Am ers­ten Tag mie­te­ten wir uns direkt nach unse­rer Ankunft zwei Fahr­rä­der und set­zen mit einer „Fäh­re“ (bestehend aus zwei alten Holz­ka­nus, die über eini­ge Bret­ter mit­ein­an­der ver­bun­den sind uns somit nur drei Per­so­nen Platz bie­tet) über den Mekong auf eine klei­ne sechs Kilo­me­ter lan­ge und vier Kilo­me­ter brei­te Insel über. Ihr Name: Don Daeng. Wir fuh­ren die Insel der Län­ge nach ab und bestaun­ten die enor­me Pflan­zen­viel­falt. Wir fan­den neben Laub­bäu­men auch zahl­rei­che gro­ße Kokos­pal­men, Bana­nen­stau­den und Kak­te­en. Vor den Häu­sern, die über die gesam­te Stre­cke den Weges­rand säu­men, lie­gen oft rie­si­ge Tücher vol­ler Erd­nüs­se, die hier in der Son­ne trock­nen. Und wie­der hat­ten wir die Insel fast für uns allei­ne. Wie­der ein­mal freu­ten sich alle uns zu sehen und grüß­ten uns. Am süd­lichs­ten Ende ange­kom­men tat sich uns ein gigan­ti­scher Aus­blick auf: Ein rie­si­ger lee­rer Sand­strand, dahin­ter schein­bar das Meer, hin­ter dem sich die Ber­ge auf­tür­men. Der Mekong bot ein­mal wie­der einen schier unfass­ba­ren Anblick. Toll!
Doch bei allem Stau­nen über die­se klei­ne grü­ne Insel mit wei­ßem Sand­strand mit­ten im Mekong durf­ten wir den Rück­weg nicht ver­ges­sen. Die Son­ne sank unauf­halt­sam und es lagen noch sechs Kilo­me­ter vor uns. Ganz rei­bungs­los ver­lief die Rück­fahrt jedoch nicht: Aus irgend­ei­nem Grund erschrak einer der gro­ßen Büf­fel und mach­te Elli dafür ver­ant­wort­lich. Da der Anblick eines tra­ben­den gro­ßen bösen Tie­res mit lan­gen bedroh­lich spit­zen Hör­nern, das auf ein klei­nes Mensch­lein zusteu­ert, schon furcht­ein­flö­ßend ist, stand Eli­sa­beth für einen kur­zen Moment starr vor Schreck und blick­te hilf­los zu den Ein­hei­mi­schen, die sich krin­gel­ten vor lachen und sie schließ­lich aus ihrer Lage befrei­ten. Am Nor­den­de ange­kom­men sahen wir das Unheil schon auf uns zukom­men: Der Wind peitsch­te uns den Sand um die Ohren und trieb die mitt­ler­wei­le sehr unru­hi­gen Was­ser­mas­sen ans Ufer. Kein Schiff mehr drau­ßen, die Unter­kunft am gegen­über­lie­gen­den Ufer. Was nun? Die Ret­tung: Ein Fischer mit sei­nem klei­nen Kanu! Für statt­li­che zwei Dol­lar schenk­ten wir ihm unser Ver­trau­en und er uns die erhoff­te Fahrt zurück nach Cham­pasak. Am Mor­gen noch hat­te Elli zwei Stun­den lang Was­ser aus dem Boot geschöpft, nun schlu­gen ihr nur so die Wel­len ins Gesicht, wäh­rend Felix das stei­gen­de Was­ser aus unse­rem Gefährt beför­der­te. Mit an Bord: Die bei­den Fahr­rä­der. Nach zehn­mi­nü­ti­gem Wel­len­ritt hat­ten wir wie­der fes­ten Boden unter den Füßen, waren klatsch­nass und um ein Aben­teu­er rei­cher. Vor lau­ter Glück zahl­ten wir das Dop­pel­te.
Die dar­auf fol­gen­de wohl­ver­dien­te Nacht­ru­he wur­de für Elli jedoch bald abrupt been­det: Ein Gecko hat­te sich von der Bam­bus­de­cke aus auf ihren Rücken gestürzt und stieß damit auf wenig Ver­ständ­nis. Nach­dem Felix kurz dar­auf eine gro­ße Kaker­la­ke mit dem Schuh ins Jen­seits beför­dert hat­te, ver­wan­del­te sich der ver­meint­li­che Gecko nach und nach zuerst in ein gro­ßes Unge­zie­fer, danach in eine Eidech­se, in einen Skor­pi­on uns schließ­lich in eine Schlan­ge. Unse­re Phan­ta­sie jeden­falls war ange­regt und die Nacht „gelau­fen“.
Trotz­dem lie­ßen wir es uns nicht neh­men, am nächs­ten Tag das eigent­li­che High­light, den Wat Phu, zu besu­chen: Eine aus dem 6. bis 8. Jahr­hun­dert stam­men­de rie­si­ge Tem­pel­an­la­ge, die sich über drei Ebe­nen erstreckt und einst­mals mit Ang­kor in Kam­bo­dscha ver­bun­den war. Eine für uns sehr beein­dru­cken­de Vor­stel­lung, die durch die an eini­gen Stel­len gut erhal­te­nen Rui­nen sehr gut am Leben gehal­ten wird. Nach fünf Stun­den ende­te unser Besuch und nach anschlie­ßen­dem Erho­lungs­schlaf mach­ten wir uns auf den Weg, etwas Ess­ba­res auf­zu­trei­ben. Und hät­te Elli, der klei­ne Detek­tiv, nicht sol­che Adler­au­gen, so wäre Felix in der Dun­kel­heit wohl auf den schwar­zen Skor­pi­on getre­ten, der gera­de die Stra­ße über­que­ren woll­te; eine dum­me Idee, wie wir auf dem Rück­weg fest­stell­ten, denn das was kurz zuvor noch sei­nen Sta­chel gegen uns erho­ben hat­te, WAR nun ein­mal ein Skor­pi­on gewe­sen. Vor­her — nach­her!
Eine ver­wirr­te Krö­te und eine wirk­lich gro­ße und kräf­ti­ge Eidech­se mach­ten den Tag zu einem erfolg­rei­che Aus­flug ins Reich der Tie­re, was die Hoff­nung auf eine ruhi­ge Nacht nicht gera­de nähr­te.
Doch was uns die­se Nacht um den Schlaf brach­te, kam aus einem ande­ren Reich: Aus dem Reich der Die­be. Gegen ein Uhr nachts näher­ten sich unse­rem Bun­ga­low Schrit­te und ein erst lei­ses, dann immer lau­ter wer­den­des Klop­fen ließ uns miss­trau­isch wer­den. Ein „Hal­lo“ unse­rer­seits blieb unbe­ant­wor­tet und unse­re Her­zen began­nen höher zu schla­gen. Um durch die Vor­hän­ge das Gesche­hen vor dem Bun­ga­low zu beob­ach­ten, schal­te­ten wir das Licht aus. Dann das Geräusch eines Motor­rol­lers, kein Licht, Schrit­te ums Haus, viel­leicht drei Per­so­nen. Durch die papier­dün­nen Wän­de hören wir alles — nun auch Klopf­zei­chen an den benach­bar­ten Bun­ga­lows. Dann plötz­lich ein Schat­ten vor unse­rem Fens­ter, ein Stoß gegen unser Mos­ki­to­git­ter, ein Griff in unser Zim­mer. Erschreck­tes lau­tes Schrei­en von uns, der Dieb ent­fernt sich vor­erst. Wir haben natür­lich unglaub­li­che Angst, unser Herz schlägt bis zum Hals. Die Leu­te müs­sen noch da sein. Wort­los im Dun­keln sit­zend lau­schen wir den mys­te­riö­sen Geräu­schen und har­ren wei­ter aus. 3 Uhr — noch drei Stun­den bis zum Son­nen­auf­gang. Bis halb fünf: Klopf­zei­chen, Schrit­te hin­term Haus, Schar­ren in der Ecke, Geräu­sche auf dem Dach. Kann jemand durchs Bad ein­stei­gen? Aus­ge­schlos­sen! Trotz­dem trau­en wir uns nicht aus dem Bett. Wir unter­hal­ten uns laut, ver­su­chen, die Nach­barn zu wecken und beob­ach­ten wei­ter das Fens­ter. Bis 6.30 Uhr mor­gens! End­lich: Son­nen­auf­gang. Geschafft.
Bis heu­te wis­sen wir nicht, was wirk­lich los war, war­um das unun­ter­bro­che­ne Klop­fen? Egal.
Wir hat­ten es geschafft und sind nun im siche­ren Don Khong, wo wir den geraub­ten Schlaf nach­ho­len kön­nen.
Wir las­sen es uns gut gehen und fah­ren mor­gen auf eine ande­re Insel, Don Det, wo wir Weih­nach­ten ver­brin­gen wer­den.

Wir wün­schen euch allen ein schö­nes besinn­li­ches Weih­nachts­fest und erhol­sa­me Fei­er­ta­ge!!! Wir fei­ern in Gedan­ken mit euch, sit­zen mit an eurem Tisch und genie­ßen den Weih­nachts­schmaus.
Seid alle lieb gedrückt.

Eure Eli­sa­beth, euer Felix