Wei­te­re zwölf Stun­den Bus­fahrt trenn­ten uns nach die­sem erfolg­rei­chen Zwi­schen­stopp Pen­in­su­la Val­dez von Sal­ta. Nun also waren wir end­gül­tig im Nor­den des Lan­des ange­kom­men und hat­ten für unse­ren „Abste­cher“ nach Pata­go­ni­en somit inner­halb eines Monats mehr als 6.000 Kilo­me­ter zurück­ge­legt. So lang­sam aber sicher beweg­ten wir uns in Rich­tung der boli­via­ni­schen Gren­ze. Zunächst ein­mal woll­ten wir uns jedoch noch eini­ge Tage in die­sem so rie­si­gen und — viel­leicht gera­de des­we­gen – so viel­fäl­ti­gen Land auf­hal­ten, das uns nicht zuletzt wegen des so tol­len Men­schen­schlags und des welt­be­rühm­ten Flei­sches so ans Herz gewach­sen ist.

So führ­te uns unser Weg am ers­ten Abend auch gleich in die nächs­te Par­ril­la, wo ein 30 Zen­ti­me­ter lan­ges Lomo ein­mal mehr für tota­le Genug­tu­ung sor­gen sollte…und zugleich das letz­te mal!
Sowohl durch sei­ne schö­nen offe­nen Pla­zas als auch durch anspre­chen­de Kolo­ni­al­ar­chi­tek­tur und die klei­nen grü­nen, gemüt­li­chen Stra­ßen­zü­ge und nächt­li­che Stadt­be­leuch­tung wuss­te Sal­ta zu gefal­len. Mit Ein­tritt der Dun­kel­heit mach­te sich eine fei­er­li­che Stim­mung um die zahl­rei­chen Kir­chen der Stadt breit: Es war Grün­don­ners­tag und die Oster­fei­er­ta­ge stan­den vor der Tür.
Wir ent­schie­den uns dazu, einen Aus­flug ins nahe­ge­le­ge­ne Cafa­ya­te zu machen, ein klei­nes Dorf am Ran­de einer beein­dru­cken­den Schlucht, der „Queb­ra­da de Cafa­ya­te“, die uns mit ihren abs­trak­ten Sand­ste­in­for­ma­tio­nen und ihre unglaub­li­che Far­ben­viel­falt erwar­te­te. Es war etwas, was wir bis dahin auf der Rei­se noch nicht gese­hen hat­ten und stell­te den tota­len Kon­trast zur pata­go­ni­schen Glet­scher­land­schaft dar. Plötz­lich stan­den wir inmit­ten einer Wüs­te, anstel­le ver­schnei­ter Berg­gip­fel präg­ten nun rie­si­ge Kak­te­en das Land­schafts­bild. 50 Kilo­me­ter lang erstreckt sich die Schlucht, ein ehe­ma­li­ges Fluss­tal, und birgt eine uner­schöpf­li­che Viel­falt an Gesteins­for­ma­tio­nen, die in jahr­tau­sen­de lan­ger Arbeit durch viel Wind und Regen von der Natur geschaf­fen wur­den. An die­sem Nach­mit­tag waren wir mit einer Tour unter­wegs, die es uns durch eini­ge Spa­zier­gän­ge ermög­lich­te, die­se atem­be­rau­ben­de Sze­ne­rie von ver­schie­de­nen Aus­sichts­punk­ten zu genie­ßen.
Nach die­sem kur­zen aber erfül­len­den Aus­flug und einer Nacht im Dorf mach­ten wir uns am fol­gen­den Tag wie­der auf den Rück­weg nach Sal­ta, wo wir noch eine Nacht ver­brach­ten, bis wir schließ­lich am Mor­gen des Oster­sonn­tag in Til­ca­ra anka­men, einem klei­nen Ort in der „Queb­ra­da de Huma­hua­ca“, einer Schlucht, die sich über 110 Kilo­me­ter lang ihren Weg Rich­tung Boli­vi­en bahnt. In die­ser Schlucht gibt es eine Viel­zahl klei­ner idyl­li­scher Dör­fer, die fast den Ein­druck erwe­cken, als woll­ten sie einen in längst ver­gan­ge­ne Kolo­ni­al­zei­ten zurück­ver­set­zen. Von der atem­be­rau­bend schö­nen Lage inmit­ten die­ses so unwirk­lich schei­nen­den Fluss­tals moti­viert mach­ten wir uns dann noch am glei­chen Tag auf den Weg ins benach­bar­te Pur­ma­mar­ca, den Ort, der in den „Cer­ro del los Sie­te Colo­res“ („Sie­ben­far­bi­ger Berg“) ein­ge­mei­ßelt scheint. Ein Rund­weg um das Dorf zeigt ein­drucks­voll, von welch unglaub­li­cher Schön­heit die Umge­bung ist. In den ver­schie­dens­ten Far­ben leuch­tet der Berg hin­ter den Häu­sern auf und bil­det eine Kulis­se, wie man sie schö­ner nicht malen könn­te.

Wir ent­schlos­sen uns auf­grund der spek­ta­ku­lä­ren Land­schaft dazu, den acht Kilo­me­ter lan­gen Rück­weg zu Fuß zurück­zu­le­gen und wur­den dafür reich­lich belohnt. Allei­ne die Aus­bli­cke in das Tal wären die Wan­de­rung schon Wert gewe­sen, doch auf hal­ber Stre­cke gab uns das ver­schla­fe­ne Dörf­chen Mai­ma­ra Grund, eine Pau­se ein­zu­le­gen: Dort ist ein gan­zer Hügel von einem far­ben­froh geschmück­ten Fried­hof „über­zo­gen“, auf der Spit­ze der Erhe­bung thront ein zehn Meter hoher Kak­tus, der alles über­ragt, im Hin­ter­grund der „Sie­ben­far­bi­ge Berg“.
Zurück in Til­ca­ra mach­ten wir uns einen schö­nen Abend, hat­ten wir doch eine gan­ze Woh­nung für uns allei­ne. Ostern in einem klei­nen katho­li­schen Dorf in Argen­ti­ni­en. Da war schon was los. Fest­tags-Umzü­ge, meist bestehend aus einem guten Dut­zend jun­ger Ein­hei­mi­scher, mach­ten mit ihren Trom­meln und Pan­flö­ten einen ohren­be­täu­ben­den Lärm, vor einer Ein­fahrt liegt ein Mann mit sei­ner Leder­ja­cke und hoch­ro­tem Kopf in der pral­len Son­ne, schläft sei­nen Rausch vom Vor­abend aus und wird unge­wollt zum Gespött des Dor­fes.
Am nächs­ten Mor­gen dann hieß es Abschied neh­men, der Tag war gekom­men, der Tag, an dem wir uns von Argen­ti­ni­en, einem wun­der­ba­ren Land, ver­ab­schie­den muss­ten. Wenn auch nur vor­über­ge­hend, denn wir sind sicher, dass wir noch ein­mal zurück­keh­ren wer­den. Zu vie­le Din­ge hat die­ses Land, das sich von Nord nach Süd über mehr als 5000 Kilo­me­ter lang erstreckt, zu bie­ten. Es war für uns nicht mehr als ein klei­ner Ein­blick, doch die­ser hat genügt, um fest­zu­stel­len, dass die­ses Land sei­ne eige­ne Rei­se wert ist.
Über­wäl­tigt von der Viel­falt von Natur und der herz­li­chen Art der Argen­ti­ni­er setz­ten wir uns in den Bus, der uns in ein neu­es Land. zu neu­en Men­schen und in eine völ­lig ande­re Kul­tur brin­gen soll­te, näm­lich nach Boli­vi­en…